Implementierung von Gender Mainstreaming und Diversity in der Arbeitsinspektion

In der österreichischen Arbeitsinspektion wurde die Gleichstellung der Geschlechter mittels der Gender Mainstreaming-Strategie erstmals 2002 im Qualitätsmanagement-Prozess (Total Quality Management - EFQM) der Arbeitsinspektion systematisch thematisiert. Gender- und seit 2007 auch Diversityaspekte wurden step-by-step organisationsintern und in der Arbeitsschutztätigkeit implementiert. Im Leitbild der Arbeitsinspektion ist Chancengleichheit ein wichtiges Ziel. 

Österreich hat sich national und international zur Umsetzung der Strategie des Gender Mainstreaming in allen Bereichen verpflichtet - Rechtsgrundlagen sind z.B. Artikel 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes und die Ministerratsbeschlüsse der Bundesregierung über Gender Mainstreaming. Auch die Arbeitsinspektion als Teil der Bundesverwaltung implementiert Gender Mainstreaming organisationsintern und in ihre Tätigkeit.

Zur Begleitung der Gender Mainstreaming-Implementierung in der Arbeitsinspektion und ihrer Beratungstätigkeit wurden eine Gender Mainstreaming-Arbeitsgruppe und ein Gender Mainstreaming-Netzwerk in der Arbeitsinspektion eingerichtet und später erweitert um Diversity (GD.ai-Gruppe der Arbeitsinspektion). Nach dem Top-Down-Prinzip absolvierten Führungskräfte und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der Arbeitsinspektorate AI-spezifische GM-Implementierungsseminare, mittlerweile ist Gender & Diversity Teil der Ausbildung der ArbeitsinspektorInnen. Die Genderperspektive wird so organisationsintern und in die extern wirksame Beratungstätigkeit der Arbeitsinspektion "step by step" integriert.

Gender Mainstreaming in der Bundesverwaltung

Zwei Vertreterinnen des Zentral-Arbeitsinspektorats wirkten als Mitglieder der bereits im Frühjahr 2000 eingerichteten Gender Mainstreaming-Arbeitsgruppe des damaligen Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales an der ressortinternen Grundlagenarbeit für Gender Mainstreaming mit. Im Sommer 2000 wurde auf Grundlage des Ministerratsbeschlusses vom 11.7.2000 auch auf Bundesebene eine interministerielle Arbeitsgruppe für Gender Mainstreaming (IMAG GM) eingerichtet, um die Strategie des Gender Mainstreaming in der Bundesverwaltung umzusetzen (IMAG: Gender-Projektdatenbank).

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitsinspektion sind als Teil des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft, auch Mitglieder der Ressortarbeitsgruppe AG-GM in den Vertretungsbereichen Zentral-Arbeitsinspektorat (Sektion IV) und Arbeitsinspektorate. 

Gender Mainstreaming im TQM-Prozess der Arbeitsinspektion

Genderaspekte wurden in der Arbeitsinspektion und im Sicherheits- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz bereits vor Entwicklung der Gender Mainstreaming-Strategie vor allem in der Arbeit der Referentinnen für Frauenarbeit und Mutterschutz angesprochen. Sie berücksichtigen seit jeher auch Gender-Fragen bei ihrer routinemäßigen Tätigkeit.

Systematisch wurde die Gleichstellung der Geschlechter mit Hilfe des Gender Mainstreaming in der Arbeitsinspektion erstmals 2002 im Qualitätsmanagement-Prozess der Arbeitsinspektion (Total Quality Management nach EFQM) thematisiert.

Grundlagen dafür waren vor allem die Ministerratsbeschlüsse der Bundesregierung und die damals neue EU-Gemeinschaftsstrategie für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz: Demnach muss der gestiegene Anteil von Frauen am Arbeitsmarkt auch im Arbeitsschutz entsprechend dem Wandel von Arbeitswelt und Gesellschaft berücksichtigt werden.

Gleichbehandlung – Gleichstellung – Chancengleichheit - Antidiskriminierung

Die Arbeitsinspektion hat sich in Leitbild und Rahmenstrategie zur Gleichstellung von Frauen und Männern und zur Chancengleichheit verpflichtet. Sowohl organisationsintern als auch in der Beratungs- und Kontrolltätigkeit sind die

  • Gleichstellung und Chancengleichheit von Frauen und Männern und
  • Gewährleistung sicherer und gesunder Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

unabhängig von Geschlecht und Rollenzuschreibungen wichtige Ziele.

Gender Mainstreaming - Beginn: Projektgruppe der Arbeitsinspektion

Im Sommer 2003 beauftragte die Leiterin der Arbeitsinspektion Sektionschefin Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth Szymanski im Rahmen des TQM-Prozesses eine Projektgruppe, die Arbeitsgrundlagen für Gender Mainstreaming (GM) in der Arbeitsinspektion und Beispiele einer guten Praxis im Sicherheits und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu klären. Vor allem sollte ein Vorschlag zur Implementierung von Gender Mainstreaming in der Arbeitsinspektion erarbeitet werden.

Aufbauend auf "gegenderten" Maßnahmen des Total Quality Managements (EFQM) bildete der Projektbericht 2004 die Grundlage für weitere GM-Aktivitäten und die schrittweise Implementierung in der Arbeitsinspektion und im Arbeitsschutz. Wichtiger Schwerpunkt in der Anfangsphase war die Gender-Kompetenzentwicklung in Gender Mainstreaming-Implementierungsseminaren für Führungskräfte, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in den Arbeitsinspektoraten, in der Aus- und Weiterbildung der Arbeitsinspektorinnen und Arbeitsinspektoren sowie die Begleitung von laufenden Projekten der Arbeitsinspektion aus der Genderperspektive.

Ab 2005 unterstützte eine Gender Mainstreaming-Arbeitsgruppe den Implementierungsprozess von GM in Arbeitsinspektion und im Arbeitsschutz. Ein österreichweites Gender Mainstreaming-Netzwerk der Arbeitsinspektion bestehend aus der GM-Arbeitsgruppe, GM-Ansprechpersonen und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in einzelnen Arbeitsinspektoraten wurde aufgebaut.

Seit 2007 werden zusätzlich Diversityaspekte des Arbeitsschutzes in die GM-Strategie einbezogen (Gender & Diversity - GD), um vor allem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit unterschiedlichen Sprachen und Kulturen, Beschäftigte mit Behinderungen, jüngere/ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen wirksamen Arbeitsschutz zu gewährleisten - jeweils mit Fokus Gender.

Aufgaben der nunmehrigen GD.ai-Gruppe der Arbeitsinspektion sind die Vertiefung von GD in der Tätigkeit der Arbeitsinspektion, Entwicklung von GD-Informationsmaterialien und Tools, Begleitung laufender Projekte, fachliche Weiterentwicklung unter Einbeziehung von Gender- und Diversityfragen und österreichweiter Erfahrungsaustausch zu GD in Arbeitsinspektion und im Sicherheits- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.

GD-Ansprechpersonen der Arbeitsinspektion sind u.a.

  • Dr.in Julia Steurer (ZAI-Abt. 4, GM-Beauftragte in AG-GM und IMAG)
  • Dr.in Renate Novak (ZAI Abt. 3, GD-Koordination in der Arbeitsinspektion)
  • Mag. Leopold Schuster (AI Wien West-Ost, GM-Beauftragter Arbeitsinspektorate in der AG-GM)
  • sowie GD-Ansprechpersonen in Arbeitsinspektoraten - Standorte der Arbeitsinspektion

Der GM-Implementierungsprozess der Arbeitsinspektion war erstmals 2006 Gegenstand einer Diplomarbeit - Mag.a Evelyn Zenz, Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien: "Die Implementation von Gender Mainstreaming - Eine Fallstudie der österreichischen Arbeitsinspektorate und der BMWA-Sektion III/Arbeitsinspektion".

2005-2007 nahmen Vertreterinnen der GM-Arbeitsgruppe der Arbeitsinspektion an der Equal-Entwicklungspartnerschaft Qualitätsentwicklung Gender Mainstreaming - qe>gm teil. Danach wurde die Kooperation mit GD-Multiplikatorinnen und Multiplikatoren intern (AI-Schwerpunktaktionen, GD-Netzwerk) und extern mit anderen Arbeitsschutzeinrichtungen und Expertinnen und Experten verstärkt, vor allem durch Einbeziehung von GD in die österreichischen Arbeitsschutzstrategien ab 2007 (Kooperationen u.a. von Sozialversicherungsträgern, Sozialpartnern, Forschungseinrichtungen, Bundesministerien- und Ländervertreterinnen und Ländervertreter, Land- und Forstwirtschaftsinspektion). Auch in der neuen ArbeitnehmerInnenschutzstrategie bis 2020 werden arbeitsschutzrelevante Gender- und Diversityfragen thematisiert.

2011 erhielt die Arbeitsinspektion für die GD-Implementierung den BKA-Verwaltungspreis der Kategorie Management von Diversity, Integration und Gender - Potenzial für die Verwaltung von morgen (Preisverleihung am 28. März 2011 Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Öffentlicher Dienst Gabriele Heinisch-Hosek, Wiener Rathaus).

Die GD-Implementierung in Arbeitsinspektion und Sicherheits- und Gesundheitsschutz ist seit 2010/11 weitgehend abgeschlossen und die Berücksichtigung von Gender und Diversity in den Regelbetrieb integriert - z.B. GD im Ausbildungsplan und in genderrelevanten Arbeitsschwerpunkten, etwa für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Behinderungen oder Beschäftigte mit unterschiedlichen Sprachen und Kulturen - vorwiegend in Jahresschwerpunktaktionen (JAP): 2010/2011 Gebäudereinigung, 2011/2012 Hotel- und Gastgewerbe und 2013 mobile Pflege und 2015 Friseurinnen und Friseure– jeweils Branchen mit hohem Frauenanteil, prekären Arbeitsbedingungen und häufig geringen Arbeitsschutzstandards.

Die GD-Tätigkeit ist auch in die gesetzlichen Berichtslegungen der Arbeitsinspektion eingeflossen (Tätigkeitsberichte der Arbeitsinspektion, Berichte der Bundesregierung zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen - Parlament).

Geschlechtergerechter Sprachgebrauch in der Arbeitsinspektion und im Arbeitsschutz

Die Chancengleichheit von Frauen und Männern ist auch Ziel der Frauenförderungspläne der Bundesministerien. Als äußeres Zeichen gehört dazu auch ein geschlechtergerechter Sprachgebrauch in allen Rechtsvorschriften, internen und externen Schriftstücken sowie Publikationen. Auch die Arbeitsinspektion hat sich in Leitbild und Rahmenstrategie zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen verpflichtet - das gilt auch für eine geschlechtergerechte Sprache.

Für die Arbeitsinspektion bedeutet ein geschlechtergerechter Sprachgebrauch vor allem auch bei Beratungen in den Betrieben geschlechtergerecht zu formulieren und z.B. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Sicherheitsfachkräfte, Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner in der ihrem jeweiligen Geschlecht entsprechenden Form anzusprechen. Das gilt auch für Schriftverkehr und Publikationen der Arbeitsinspektion.

Texte sind geschlechtergerecht, wenn Frauen und Männer sprachlich sichtbar sind, so dass sich alle gleichermaßen angesprochen fühlen. Im Arbeitsschutz ist bei fast allen Personenbezeichnungen eine weibliche und männliche Bezeichnung problemlos möglich - als Kurzformen, mit Schrägstrich „/in" oder "I", bei Funktionsbezeichnungen: z.B. Arbeitnehmer/in oder ArbeitnehmerIn, ArbeiterIn, Angestellte/r, Beschäftigte/r, ArbeitgeberIn, ErsthelferIn, verantwortliche/r Beauftragte/r, Brandschutzbeauftragte/r, Lenker/in, Koordinator/in, ArbeitsinspektorIn.

Letzte Änderung am: 19.07.2022