Arbeitsräume

Begriffsbestimmung

Arbeitsräume sind alle jene Räume, in denen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

  • der Zweckbestimmung des Raumes entsprechend,
  • während ihrer Arbeit,
  • im regulären Betriebsablauf aufhalten.

Arbeitsräume sind z.B. Büros, Produktionshallen, Lager, Werksküchen, Archive u.v.m.

Keine Arbeitsräume sind z.B. Sanitärräume, Aufenthaltsräume, Triebwerksräume, Klimazentralen, Führer- und Bedienungsstände u.ä.

§ 22 ASchG

Sinn der Regelungen zu Arbeitsräumen

In den Medien und in der Politik war in letzter Zeit häufig die Rede davon, dass es im Arbeitsschutzrecht eine Vielzahl an Vorschriften gebe, die die Unternehmer belasten, die aber in Wahrheit angeblich niemand brauche. Besonders häufig genannt werden Vorschriften zur Gestaltung von Arbeitsräumen, Belüftung und Belichtung. Sind sie wirklich bloß unnötige Schikane, nicht mehr zeitgemäß und daher überflüssig? Natürlich nicht! Sie sollen dazu beitragen, auf Grundlage modernster wissenschaftlicher Erkenntnisse gesunde und sichere Arbeit zu ermöglichen. Der folgende Text soll erklären, was wirklich hinter diesen Vorschriften steckt.

Größe von Arbeitsräumen bzw. Arbeitsplätzen

Da die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen erheblichen Teil ihres Lebens bei der Arbeit verbringen, ist es wichtig, dass Arbeitsräume und Arbeitsplätze so gestaltet sind, dass in bzw. an ihnen effiziente, sichere und gesunde Arbeit möglich ist. Die Arbeitnehmer sollten sich – auch im Interesse der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber – bei der Arbeit aber auch wohlfühlen.

Um effizient, sicher und gesund arbeiten zu können, werden ausreichend große Arbeitsräume mit entsprechend gestalteten Arbeitsplätzen benötigt. Bewegungsfreiheit am Arbeitsplatz wie die Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltungen ist ebenso wichtig wie die ungehinderte Erreichbarkeit von Schränken, Türen und Fenstern oder die gefahrlose Bewegung zwischen Maschinen und Geräten.

Hingegen kann es negative Auswirkungen auf die Arbeitsleistung, Gesundheit und Arbeitszufriedenheit haben, wenn zu viele Arbeitnehmer auf zu engem Raum arbeiten oder Arbeitsplätze räumlich beengt und zugestellt sind. Bei größeren Büros sorgt z. B. eine zu dichte Besetzung auf einer verhältnismäßig geringen Fläche für Stress und Lärm.

Bewegungsfreiheit und genügend Ablageflächen vermeiden Stolperunfälle oder Verletzungen am Mobiliar und bieten im Sinne der Gesundheitsförderung die Chance zu einem „bewegten“ Arbeitstag. Wichtige Faktoren für das Wohlbefinden sind ein weiter Raumeindruck und ein angenehmes Ambiente, wie das renommierte Fraunhofer Institut IAO in seinen Office 21 – Studien erforscht hat. Wohlbefinden im Büro gilt als Voraussetzung für „Office Performance“ und ist ein produktivitätsfördernder Faktor.

Eine zu geringe Raumhöhe bzw. generell eine zu geringe Raumgröße führen zu einem Gefühl des Eingeengtseins, das vermehrt Stress auslösen kann. Nur bei einer ausreichenden Raumhöhe kann sich der Mensch wohlfühlen. Die Raumhöhe hat sich in der Vergangenheit oft geändert, weil die Durchschnittsgröße der Menschen im Laufe der Zeit gestiegen ist, weshalb die Decken in alten Gebäuden im Vergleich zu heutigen Maßstäben niedrig sind. Der heutige Mindestwert von 2,50 m korrespondiert mit den anthropometrischen Erfordernissen und findet sich auch in den Bauordnungen der Bundesländer.

Lüftung von Räumen

Ein optimales Raumklima steht in engem Zusammenhang mit Gesundheit und Zufriedenheit der Beschäftigten. Abweichungen davon, wie Belastungen durch Kälte oder Hitze oder erhöhte Kohlendioxid-Konzentrationen in Arbeitsräumen, führen zu einer Minderung der Leistungsfähigkeit, Unzufriedenheit mit der Arbeit und zu einer möglichen Gefährdung der Sicherheit und Gesundheit.

Der Zufuhr von frischer, von Verunreinigungen möglichst freier Luft kommt bei der Gestaltung der Arbeitsumgebung daher ebenso Bedeutung zu wie der Abfuhr „verbrauchter“ Luft. Der Sauerstoffgehalt der Atemluft liegt etwa zwischen 17 und 21 Volums-Prozent. Das Kohlendioxid wird vom Menschen ausgeatmet, und die Kohlendioxidkonzentration sollte unter 0,1 Vol-% liegen – ein Wert, der nur mit Lüftung erreichbar ist, wobei im Regelfall mit natürlicher Lüftung das Auslangen gefunden werden kann.

Die physikalisch relevanten Parameter für eine funktionierende natürliche Lüftung sind die Raumhöhe und Raumtiefe. Bei einer zu geringen Raumhöhe ist keine gleichmäßige Luftverteilung im Raum möglich, ebensowenig bei zu großer Raumtiefe. Die in der Arbeitsstättenverordnung angeführten Mindestmaße gewährleisten die Erreichung dieser gleichmäßigen Verteilung der Frischluft.

Raumhöhe, Fenstergrößen und Raumtiefen bestimmen mit, ob mit natürlicher Lüftung über die Fenster der notwendige Sauerstoffgehalt der Luft gehalten werden kann. Andernfalls muss eine Belüftungsanlage für regelmäßigen Luftaustausch sorgen.

Natürliche Belichtung und Sichtverbindung

Menschen haben ein natürliches Bedürfnis nach räumlicher, zeitlicher und sozialer Orientierung, nach einem Sicherheitsgefühl und einem Gefühl der eigenen Kontrolle, nach geistiger Aktivierung und Erholung, sowie nach Kontakt mit der Natur und der Sonne. Daher ist die Möglichkeit, ins Freie schauen zu können, psychologisch wichtig.

Fenster sollen aber auch ermöglichen, Tageslicht als Arbeitsplatzbeleuchtung einzusetzen. Dies bietet sowohl den Vorteil einer sehr guten Farbwiedergabe für die beleuchteten Gegenstände als auch einer Energieeinsparung bei der elektrischen Beleuchtung. Genügend Licht ist auch eine Voraussetzung für positive gesundheitliche Wirkungen, besonders in den Wintermonaten.

Untersuchungen haben gezeigt, dass die künstliche Beleuchtung von Arbeitsstätten eine der Ursachen des sogenannten Sick-Building-Syndroms darstellt. „Sick- Building-Syndrom“ ist ein Sammelbegriff für verschiedene Beschwerden, die vorwiegend bei Beschäftigten in Bürogebäuden auftreten. Die gesundheitlichen Beschwerden variieren von Problemen der Atemwege über Lustlosigkeit bis hin zu Kopfschmerzen, allergischen Reaktionen, chronischer Müdigkeit und Depressivität.

Die Qualität von Licht und Beleuchtung trägt also maßgeblich zum Wohlbefinden der Beschäftigten bei der Erledigung ihrer Arbeit bei. Die natürliche Beleuchtung, d. h. die Beleuchtung mit Tageslicht, beeinflusst Gesundheit und Wohlbefinden im Allgemeinen positiv. Tageslicht ist daher bis auf einige Sonderfälle die erste Wahl bei der Beleuchtung von Arbeitsstätten in Innenräumen, insbesondere von Büroräumen mit den dort vorwiegend fensternahen Arbeitsplätzen. Das Tageslicht allein ist es aber nicht, das diese positive Wirkung erzielt. Die Sichtverbindung nach außen trägt wesentlich mit dazu bei.

Ausnahmen bei gleichen Schutzstandards

Aber auch bei den Vorschriften wird faktischen Gegebenheiten Rechnung getragen. So kann es Bereiche geben, für die eine natürliche Belichtung durch ein Fenster nicht möglich ist (z.B. in einem Kellerlokal). Hier sind bereits im Gesetz Ausnahmemöglichkeiten vorgesehen - im Regelfall unter Voraussetzungen, die soweit möglich die gleichen Schutzstandards für die Beschäftigten gewährleisten.

Aber auch für den Einzelfall sind Ausnahmen möglich, allerdings auch hier nur unter der Voraussetzung, dass trotzdem die Schutzstandards gewährleistet werden (z.B. kann die Aufenthaltsdauer in fensterlosen Räumen beschränkt werden).

Zusammenfassung

Es möchte wohl niemand stundenlang in engen, dunklen, stickigen Räumen arbeiten. Ebensowenig wollen die meisten Menschen, dass ihnen ihre KollegInnen permanent „auf die Pelle rücken“. Daher sind die Vorschriften zur Gestaltung von Arbeitsräumen und Arbeitsplätzen im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Aber auch Unternehmerinnen und Unternehmer wollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die produktiv und engagiert sind. Um dies erreichen zu können, ist es nötig, dass sich die Beschäftigten bei der Arbeit wohl fühlen, gesund bleiben und in menschengerechter, angenehmer Umgebung arbeiten können. Daher ist es auch im eigenen Interesse der Unternehmen, ihren Beschäftigten entsprechend gestaltete Arbeitsräume und Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Die in letzter Zeit viel kritisierten Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung sollen sie dabei unterstützen, nicht schikanieren. Die Ausnahmemöglichkeiten erlauben es, auf die besonderen Verhältnisse des Einzelfalls einzugehen.

Letzte Änderung am: 06.02.2020